Audacity-Anleitung: So schneiden Sie mit Audacity MP3s & Co.
Audacity-Quereinsteiger haben angesichts der vielen Möglichkeiten ihres neuen Programms eine steile Lernkurve vor sich. Diese Tipps kompensieren das etwas.
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Sebastian Kolar
Mit dem Open-Source-Audio-Editor Audacity nehmen Sie per Mikrofon Sprecheinlagen und Ihren Gesang auf, schneiden den Inhalt oder vorhandene Audio-Files zurecht und optimieren mit allerhand Effekten die auditive Qualität.
Der quelloffene Audio-Editor Audacity besitzt nicht die modernste Oberfläche, ist jedoch umfangreich und heimst daher häufig eine Empfehlung ein. Das Programm eignet sich zur Podcast-Erstellung ebenso wie zur Nachbearbeitung von Sound-Inhalten. Ob es sich bei Letzteren um Sequenzen handelt, die Sie mit Audacity neu erstellt haben, oder um aus dem Internet heruntergeladene, spielt keine Rolle. Die zahlreichen Effekte in dem Programm sind etwas verschachtelt – kein Wunder, bilden sie doch ein wichtiges Rückgrat und machen einen großen Teil des pompösen Funktionsumfangs aus.
Technische Besonderheiten: Das Programm konnte früher nicht im MP3-Format speichern, was Nutzer durch das Nachrüsten einer DLL-Datei des LAME-Encoders behoben. Das ist derweil obsolet. Das Speichern von AUP3-Projektdateien, die Ihren Arbeitsfortschritt festhalten (aber nicht die eigentlichen Audio-Files sind, ähnlich wie beim Windows Movie Maker mit dessen Format WLMP), funktioniert nicht bei FAT(16)- und FAT32-formatierten Partitionen; NTFS sollte es sein. MP3s hingegen encodieren Sie auf FAT16- und FAT32- sowie NTFS-Drives. Mit Audacity bereiten Sie Ihre Audiodateien so auf, dass sie sich etwa gut für Videoschnitt-Projekte im Movie Maker eignen.
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1. Mit Audacity eigene Stimme aufnehmen
Schließen Sie per USB ein Mikrofon an Ihren Computer an; bei einem Notebook ist das meist nicht erforderlich, da hier in der Regel bereits eine Audioaufnahme-Einheit integriert ist. Starten Sie Audacity und klicken Sie oben in der Symbolleiste auf das rote kreisrunde Rec-/Recorder-Symbol. Beginnen Sie eine Sprech- oder eine Gesangseinlage. Per Leertaste beenden Sie die Aufnahme. Nochmaliges Drücken der Leertaste (Space) spielt den aufgezeichneten Inhalt ab. Betätigen Sie [Space] während der Wiedergabe, endet sie und beginnt bei erneutem Verwenden der Hotkey-Taste von vorn.
Im Test startete Audacity unter Windows 10/11 problemlos, bei Windows 8.1 ist die Inbetriebnahme nicht so einfach (DLL-Fehlermeldung) und es ist zunächst das Microsoft Visual C++ 2015-2019 Redistributable zu installieren.
2. Überflüssige Audioabschnitte entfernen (schneiden)
Zu bearbeitende Audiodateien importieren Sie durch Ziehen (Drag & Drop) in Audacity. Möchten Sie einen Soundabschnitt entfernen, markieren Sie ihn bei gedrückter Maustaste. Drücken Sie die Leertaste, hören Sie sich nur diesen Teil an; dabei kommt es zu keiner Endloswiedergabe. Stellt sich beim Reinhören heraus, dass zu viel oder wenig von der unerwünschten Audiosequenz markiert ist, ziehen Sie das Markierungsrechteck per Maus neu auf. Dann hören Sie wieder rein. Ist das Unerwünschte präzise ausgewählt, drücken Sie die Entf-Taste, um es zu verbannen. Tipp: Bei langen Audiodateien fällt es oft schwer, beim Markieren präzise zu arbeiten. Es hilft, die Ansicht zu vergrößern: Zum Zoomen respektive Skalieren scrollen Sie bei gedrückter Strg-Taste nach oben. Per Nach-unten-Scrollen normalisieren Sie die Darstellung wieder.
Falls Sie sich fragen, wo Sie Ihre Markierung ansetzen müssen: Unerwünschte Sequenzen finden Sie, indem Sie sich das gesamte Audiowerk anhören. Die Audacity-Visualisierung gibt grob Auskunft, an welcher Stelle welcher Inhalt wartet: Eine lange (nahezu) gerade Linie ohne Ausschläge nach oben oder unten enthält bei Gesprächen vermutlich Redepausen oder beinhaltet eine sehr leise Stimme. Übrigens lässt sich ein Audiopart nicht mit [Entf] löschen, wenn Sie ihn gerade wiedergeben; das Abspielen beenden Sie gegebenenfalls per Leertaste oder indem Sie warten, bis die Wiedergabe an ihrem Ende angelangt ist.
3. Sequenzen mehrfach hintereinander abspielen
Die von Textverarbeitungen bekannten Tastenkombinationen funktionieren auch bei Audacity: Mit Strg-A markieren Sie alles, Strg-C dient dem Kopieren und Strg-V dem Einfügen. Strg-Z macht die vorige Aktion rückgängig, Strg-Y revidiert Strg-Z. Soll eine interessante Sequenz den Zuhörer mehrfach hintereinander erheitern, markieren Sie diesen Audioteil und drücken Strg-C. Klicken Sie dort, wo Sie den Part einfügen möchten. Dann drücken Sie Strg-V.
Das wiederholen Sie beliebig oft. Nach Gusto löschen Sie auch mit Strg-A und [Entf] alles und fügen das zuvor mit Strg-C Kopierte via Strg-V etliche Male ein, sodass dieser Inhalt das ausschließliche Fundament des Audioprojekts bildet. Vergessen Sie auch hier die Mausklicks vor Drücken von Strg-V nicht.
4. Audio in der Lautstärke anheben
Zum Erhöhen der Lautstärke von Audio markieren Sie eine Sequenz und gehen oben auf "Effekt > Verstärken". In einem aufpoppenden Dialog stellen Sie nun die Verstärkung ein. Ein Häkchen vor "Übersteuerungen erlauben" sollte gesetzt sein. Mit "OK" bestätigen Sie. Mit dem Windows Media Player oder mit dem Alleskönner-Player VLC spielen Sie die von Audacity erzeugten Dateien ab.
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5. Stimmhöhe verändern
Möchten Sie Ihre Stimme etwa besonders tief klingen lassen, gehen Sie vor, wie im Artikel "Audacity: Tonhöhe ändern – und bei Gesprächen nur die von einer Person" beschrieben.
6. Weitere Effekte
Weitere interessante Effekte in der Menüleisten-Sektion "Effekte" sind "Echo", "Geschwindigkeit ändern", "Rückwärts" und "Stille kürzen". Letzteres bewirkt, dass Audacity Sprechpausen, in denen nichts zu hören ist, eliminiert und somit Stimmenanteile aneinanderrückt. Die Gesamtlänge reduziert sich dadurch.
7. Bei zwei Stimmen im Audio nur eine bearbeiten
Haben Sie mit geeigneter Aufnahmesoftware wie "TalkHelper Call Recorder for Skype" etwa ein Telefongespräch (mit der Genehmigung Ihres Gegenübers) mitgeschnitten und je nach Anwendungs-Einstellung dabei in Stereo aufgezeichnet, ermöglicht Ihnen Audacity bei den resultierenden MP3-Dateien, die Sprecheinlagen der zwei Konversationspartner separat zu bearbeiten. Auf Wunsch ändern Sie dabei die Tonhöhe nur bei einer Person. Das Vorgehen entnehmen Sie unserem Audacity-Tonhöhe-ändern-Ratgeber.
8. Zwei Audiodateien zu einer verbinden
Zwei Audiodateien zu einer zusammenzufügen, ist schnell erledigt: Importieren Sie sie per Drag & Drop. Jede Datei bekommt eine eigene Spur und somit eine Zeile zugewiesen. Markieren Sie die Sequenz der unteren Dateivisualisierung und schneiden Sie sie mit Strg-X aus. Klicken Sie am Ende des oberen Dateivisualisierung, dort fügen Sie den Inhalt aus der Zwischenablage mit Strg-V ein. Am Ende speichern Sie via "Datei > Exportieren".
9. Piepsen einfügen, um Inhalte unkenntlich zu machen
Mit wenigen Klicks piepsen Sie in Audiodateien unerwünschte Stellen aus. Dies ist zum Beispiel bei einem aufgezeichneten Interview notwendig, wenn Sie dieses online veröffentlichen möchten. Selbstverständlich sollte Ihnen zum Publizieren eine Genehmigung des Gesprächspartners vorliegen.
Finden sich brisante Aussagen, die sich die Zuhörer nicht zu Gemüte führen sollen, etwa da sie diffamierend, plump oder ungeschickt formuliert sind oder sie rechtlich auf unsicherem Boden stehen? – Der Rest der Inhalts erscheint aber unbedenklich? Dann haben Sie die Wahl: Die betreffende Sequenz lässt sich herausschneiden, durch Stille ersetzen oder mit Piepsen verschleiern. Auf Letzteres gehen wir in einem gesonderten Artikel ein.
10. Mit Audacity speichern
Das Speichern einer mit Audacity bearbeiteten Datei erfolgt über "Datei > Exportieren" und einen Klick auf den Eintrag des gewünschten Formats; entscheiden Sie sich etwa für "Als MP3 exportieren". Es stehen einige weitere Formate zur Verfügung, für das WMA-Encoding fällt das Nachrüsten eines DLL-Encoders an. Die Tastenkombination Strg-S dient nur pseudohaft dem Speichern: Damit erzeugen Sie keine Audiodatei, sondern ein Projekt-File, das im Wesentlichen lediglich Audacity einliest.
Den Inhalt legen Sie nur auf NTFS-formatierten Laufwerken ab, aber nicht auf FAT16- und FAT32-formatierten Partitionen. Wie Sie das beheben und weitere Tipps zum Speichern mit Audacity, siehe den Artikel "Audacity: Piepsen einfügen – so geht es per Sinus-Ton und mit DTMF-Tönen" und unseren Windows-Dateisysteme-Ratgeber.
Kostenlose Audacity-Alternativen
Summa summarum ist Audacity eine empfehlenswerte Software. Wenn sie einmal nicht funktioniert oder Sie die Oberfläche als spröde empfinden, ist es gut, Alternativen zu kennen. Die Gratis-Vollversion Ashampoo Music Studio ist eine solche: Die Suite setzt andere Funktionsschwerpunkte, beherrscht Basics wie das Reduzieren der Länge von Audiosequenzen aber ebenfalls. Die Bedienung erfolgt über moderne Kacheln im Windows-8-Gewand.
Weniger gut bedienbar als die Ashampoo-Lösung, aber mit einigen Funktionen und im iTunes-Design kommt Ocenaudio daher.
Geht es Ihnen um den schnellen Schnitt von (nicht nur) MP3-Audio, eignet sich Abelssofts MP3 schneiden Free. Zum Aufnehmen von Soundkarten-Sound taugt etwa das Ashampoo Music Studio; brauchen Sie dessen üppigen Funktionsstock nicht, greifen Sie zum ausgegliederten Aufnahmemodul in Form von Ashampoo Audio Recorder Free.
Letzteres Tool ist optisch moderner als der No23 Recorder, der ebenfalls aufnimmt und als Extra einen Audio-CD-Ripper implementiert (altes Tool im macOS-Fensterbutton-Look, noch immer unter Windows 10 lauffähig).